9,5 Thesen aus Wittenberg – 490 Jahre danach.
Ergebnis der Paralleltagung „Kirche der Befreiung sein“ zum EKD-Zukunftskongress in Lutherstadt Wittenberg

Wittenberg, den 27.01.07

In der Zeit vom 26. - 28. Januar 2007 tagten Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen StudentInnengemeinden (ESG), der Evangelischen Akademikerschaft-Berlin-Brandenburg, des Ökumenischen Netzwerks Initiative Kirche von unten (IKvu) und anderer kirchlicher Verbände in der Evangelischen Akademie Wittenberg. 

Wichtigstes Ergebnis der Tagung sind die „9,5 Thesen aus Wittenberg“. Sie entstanden in einem intensiven Austausch mit Pfr. Dr. Dieter Becker, Strategieberater aus Frankfurt/Main. Die Thesen sind ausdrücklich theologisch verankert und bieten in konzentrierter Form eine evangelisch angemessene Ausgangsposition für eine Kirche der Zukunft. Sie stellen ein Gerüst zur Verfügung, anhand dessen nun alle kirchlichen Handlungsfelder konkretisiert werden können.

THESEN
9,5 Thesen aus Wittenberg – 490 Jahre danach

Fest im Glauben an Jesus Christus. 

These 1
Gottes Schöpfungshandeln konstituiert das Handeln der Christinnen und Christen in der Welt. Verantwortung für die Welt und was darinnen ist prägt evangelisches Grundverständnis. 

These 2
Menschliches Handeln, gebrochen in der eigenen Endlichkeit, lebt in der Hoffnung von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi.
Fehler machen zu dürfen, prägt evangelische Gewissheit. 

These 3
Die Hoffnungszusage in Jesus Christus bildet die konstruktive Basis für die christliche Zukunft in der Welt.
Transparenz und gerechtes Handeln prägen den evangelischen Gestaltungswillen. 

Alles ist möglich, aber nicht alles ist zuträglich. 

These 4
Kirche ist Menschenwerk und bedarf der Zuversicht Gottes.
Nichts ist ewig. Deshalb planen und gestalten wir evangelische Kirche.

These 5
Gottes Zuversicht artikuliert sich in der menschlichen Ambivalenz zwischen Bangen und Hoffen.
Nichts ist sicher. Deshalb planen und gestalten wir nur revisionsfähige Zukunft. 

These 6
Kirche ist innerweltliche Aufgabe Gottes für Christinnen und Christen, sich Form, Struktur und Inhaltsschwerpunkte zu geben.
Nichts ist stabil. Deshalb planen und gestalten wir Kirche öffentlich, strategisch und nachvollziehbar. 

Weg, Wahrheit, Leben.

These 7
Das Handeln Gottes befreit aus menschlichem Bangen; gibt Kraft, Mut und Hoffnung.
Neue Strukturen können, dürfen, müssen erprobt und bewertet werden, bevor sie in der Fläche umgesetzt werden. Strategien sind revisionsfähig. 

These 8
Menschliches Handeln gelingt und misslingt im Horizont der Zuversicht Gottes.
Zukunftsmodelle müssen, dürfen, können an- und aufregen. Ihre eigene Revisionsfähigkeit leitet Kirchenleitungen, Kommissionen und Projektgruppen. 

These 9
Wahrnehmung der Welt ist Voraussetzung für die Gestaltung der Zukunft.
Wirklichkeiten dürfen, müssen, können mittels empirischer Methoden erfasst und analysiert werden, um Zukunftsmodelle zu entwickeln. 

These 9,5
Im Glauben die Zukunft gestalten.